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01 February 2021 | Aktuell
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Gesetz zur Umsetzung der Abfallrahmenrichtlinie der EU

Vor 100 Tagen trat das Gesetz zur Umsetzung der Abfallrahmenrichtlinie der Europäischen Union in Kraft. Dieses Gesetz stellt ein Beispiel dar, wie die Gesetzgebung der EU auf die deutsche Gesetzgebung wirkt: Mit der Gesetzesnovelle reagierte der Deutsche Bundestag auf das EU-Legislativpaket zur Kreislaufwirtschaft, das am 4. Juli 2018 in Kraft trat und binnen zweier Jahre in nationales Recht umgesetzt werden musste.


Abfallrahmenrichtlinie der EU

Die zentrale Richtlinie, in der die EU den Umgang mit Abfall festlegt, ist die Abfallrahmenrichtlinie (2008/98/EG), die 2008 veröffentlicht wurde. Diese wurde in Deutschland im Jahr 2012 durch das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) in nationales Recht umgesetzt. Hierbei wurde beispielsweise die fünfstufige Abfallrichtlinie der EU-Richtlinie übernommen (also: Vermeidung, Vorbereitung zur Wiederverwendung, Recycling, sonstige Verwertung, insbesondere energetische Verwertung und Verfüllung, Beseitigung). Darüber hinaus umfasst das Legislativpaket der Europäischen Union auch die Verpackungsrichtlinie, die Elektroaltgeräterichtlinie, die Batterierichtlinie und die Deponierichtlinie.

2018 beschloss das Europäische Parlament umfangreiche Änderungen an den Richtlinien zur Vermeidung, Verwertung und Beseitigung von Abfällen, unter anderem auch an der Abfallrahmenrichtlinie (2018/851/EU). Diese Vorgaben mussten bis zum 5. Juli 2020 von allen EU-Mitgliedstaaten umgesetzt werden.


Umsetzung der EU-Novelle in nationales Recht

Um den Forderungen der EU nachzukommen, hat das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) am 06. August 2019 einen Referentenentwurf für die Novellierung des KrWG veröffentlicht. Bei dieser Neuerung geht es im Wesentlichen darum, Abfälle zu vermeiden, mehr zu recyclen sowie bestehende Abfallkreisläufe besser zu schließen. Die Stellungnahmen zu diesem Referentenentwurf sind in der Polit-X-Datenbank einfach einsehbar und können in einem übersichtlichen Report gebündelt werden.

Am 20.05.2020 hat die Bundesregierung dem Bundestag einen Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Abfallrahmenrichtlinie (19/19373) vorgelegt, am 28.10.2020 trat die Gesetzesnovelle in Kraft.


Gesetz zur Umsetzung der Abfallrahmenrichtlinie der Europäischen Union

Das verabschiedete Gesetz soll die Vorgaben der EU in deutsches Recht übertragen und darüber hinaus flankierende Regelungen schaffen. Außerdem wurde eine ökologische Fortentwicklung des deutschen Kreislaufwirtschaftsgesetzes angestrebt, wodurch das Ressourcenmanagement sowie die Ressourceneffizienz gesteigert werden sollen.

Wesentliche Vorgaben der novellierten Abfallrahmenrichtlinie sind nach Angaben des Bundesumweltministeriums:

  • die Konkretisierung der Anforderungen für das Ende der Abfalleigenschaft,
  • die Anhebung und Neuberechnung der Recyclingquoten für bestimmte Abfallarten und weitere Reduzierung der Deponierung von Abfällen,
  • die Verschärfung und Ausdehnung von Getrenntsammlungspflichten für Abfälle zur Verwertung/Recycling (insbesondere Bioabfälle und ab 2025 gefährliche Haushaltsabfälle und Textilien),
  • die Verschärfung der Vermischungsverbote für gefährliche Abfälle,
  • detailliertere Vorgaben für die Umsetzung der Produktverantwortung und die diesbezüglichen Rücknahmeregime,
  • die Verstärkung der Vermeidung von Abfällen (unter anderem von Lebensmittelabfällen) und Konkretisierung der von den Mitgliedstaaten zu ergreifenden "Maßnahmen",
  • der Ausbau und dieSpezifizierung der Abfallvermeidungsprogramme und Abfallwirtschaftskonzepte der Mitgliedstaaten, sowie
  • die Verzahnung des Abfallrechts mit Vorgaben des Chemikalienrechts.

Auswirkungen auf Bundesländer und Kommunen

Die Bundesländer können das Kreislaufwirtschaftsgesetz in Bereichen, die nicht bereits durch das Bundesrecht erfasst sind, durch eigene Abfallgesetze ergänzen beziehungsweise konkretisieren. Im Falle des Abfallrechts handelt es sich hierbei hauptsächlich um Fragen des Vollzugs. In Deutschland sind gewerbliche ErzeugerInnen selbst verantwortlich für die Entsorgung ihrer Abfälle. Die Abfälle privater Haushalte werden nach dem Prinzip der Daseinsvorsorge traditionell von den Kommunen entsorgt. Die Sammlung und Aufbereitung wird durch Satzungen geregelt, durch diese wird auch die Höhe der Gebühren für die Abfallentsorgung festgelegt. Umkämpft ist hierbei die Frage, ob und inwiefern öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bevorzugt werden dürfen zulasten von privaten Entsorgungsunternehmen.

Ein umstrittener Aspekt der Gesetzesnovelle ist die Einführung eines Klagerechts der Kommunen gegen gewerbliche Sammlungen, das noch im Gesetzentwurf der Bundesregierung nicht vorkam. Kommunen können nun dieses Klagerecht in Anspruch nehmen, um die Funktionsfähigkeit ihres eigenen Sammelsystems zu schützen und so ihre Interessen aktiv verteidigen. Die bedeutet eine Gleichbehandlung von öffentlichen-rechtlichen und privaten Entsorgungsunternehmen, da nun beide Seiten gerichtlich gegen für sie ungünstige Behördenentscheidungen vorgehen können.

Durch die faktische Bevorzugung der öffentlich-rechtlichen Träger ergibt sich ein möglicher Konflikt mit dem EU-Recht: AkteurInnen aus der Privatwirtschaft zweifeln die Konformität des KrWG mit dem Europarecht an, denn dieses besagt, dass auch privaten Unternehmen im Rahmen der Warenverkehrs- und Wettbewerbsfreiheit der Zugang zum Wettbewerb ermöglicht werden müsse.


Am Beispiel der Abfallwirtschaft lässt sich deutlich erkennen, dass es wichtig ist, ein Thema auf allen politischen Ebenen zu verfolgen. Nur so gelingt es, Prozesse und Zusammenhänge nachzuvollziehen und zu verstehen. Polit-X hilft dabei, den Überblick zu behalten und Entwicklungen frühzeitig zu bemerken. Wenn sie die umfangreiche Polit-X-Datenbank und die Polit-X-Analysetools einmal testen wollen, können Sie hier einen kostenlosen Testzugang anfordern.