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15.10.2020 – Polit-X Zwischenrufe
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Die Coronakrise in Zwischenrufen - Der Bundestag

Auch nach der Sommerpause bestimmt die Corona-Krise die Tagesordnung im Bundestag. Während Abstandhalten und Redepult-Desinfektion mittlerweile zum Standard in den Plenarsälen geworden sind, wird über schärfere Maßnahmen lebhaft diskutiert. Dies lässt sich auch an bissigen Zwischenrufen und Wortgefechten im Plenum ablesen – besonders, wenn einzelne Abgeordnete dann doch mal die Hygieneregeln vergessen. Wer wem ins Wort fällt und in welchen Debatten das Coronavirus vorkommt, können Sie mit der Suchfunktion von Polit-X herausfinden. Für Sie haben wir eine Übersicht der einprägsamsten Interaktionen zusammengestellt.


Im Zuge der über 30 Sitzungen seit dem Ausbruch der Coronakrise in Deutschland haben sich die Reaktionen im Bundestag stark verändert. Anfangs fiel es auch den Politiker*innen noch schwer, die Abstandsregeln zu verinnerlichen, wie Hansjörg Müller von der AfD bewies:

Vizepräsident Thomas Oppermann: Als Nächster spricht für die Fraktion der AfD der Kollege Hansjörg Müller. (Beifall bei der AfD – Abg. Hansjörg Müller [AfD] tritt ans Rednerpult, ohne die geltende Abstandsregelung einzuhalten – Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] : Ab-stand! Können Sie ein bisschen zur Seite gehen? – Sören Bartol [SPD] : Ist ja nur eine Grippe! – Weiterer Zuruf: 1,50 Meter!) Hansjörg Müller (AfD): Schön, wie die Grünen lernen. (Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mitarbeiterschutz ist für die AfD ein Fremdwort!) (PlPr 19/156)


Immerhin, über die Existenz des Corona-Virus herrschte im Parlament schnell Einigkeit:

Udo Theodor Hemmelgarn [AfD] : Aber um es klar zu sagen: Niemand leugnet die Existenz des Coronavirus. (Zuruf von der SPD: Na, immerhin!) (PlPr 19/159)


Was sich jedoch nicht immer auch im Verhalten der Politiker*innen niederschlug:

Martin Sichert [AfD] : Absolut falsch hingegen ist die momentane Dekadenz. Es fehlt nur noch, dass die Bundeskanzlerin sagt: Wenn das Volk sich kein Brot leisten kann, dann soll es doch Kuchen essen. (Beifall bei Abgeordneten der AfD – Erich Irlstorfer [CDU/CSU]: Jahrhundertrede!) Vizepräsident Wolfgang Kubicki: Liebe Kolleginnen und Kollegen, angesichts der allgemeinen Unruhe, die eingetreten ist, sage ich noch einmal: Hier darf jeder Redner das sagen, was er für richtig hält, solange es keine Straftat beinhaltet. (Matthias W. Birkwald [DIE LINKE] : Indemnität!) Ich möchte auf Folgendes hinweisen – dazu bin ich als Präsident verpflichtet –: Zunächst, Herr Kollege, die einzige Fraktion, von der bekannt ist, dass sie Abstände nicht einhält und keinen Mundschutz trägt, ist die AfD-Fraktion, (Beifall bei der der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) die ihrerseits erklärt, die Krise sei zu Ende. (PlPr 19/161)


Über ein geeignetes Konzept zur Eindämmung der Pandemie wurde lebhaft gestritten. Die Opposition verfolgte dabei unterschiedliche Ansätze. Während der AfD in diesem Fall vom Abgeordneten Michael Grosse-Brömer von der CDU unorthodoxe Methoden angedichtet wurden…

Dr. Robby Schlund [AfD]: Erstens: Umsetzung der digitalen Innovationspotenziale im Gesundheitswesen. Zweitens: schnelle Einführung technischer Verfahren und Monitoringsysteme. Drittens: regelmäßige wissenschaftliche Analyse und Bewertung von epidemiologischen Daten. (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Und viertens lassen Sie das Virus nicht mehr einreisen!) (PlPr 19/160)


…berief sich die Linkspartei eher auf Altbewährtes:

Dr. Gregor Gysi [DIE LINKE]: Ich sage Ihnen noch etwas: Übrigens lange vor der WHO und der Bundesrepublik – das wird Sie jetzt ärgern –, schon 1970, hat die DDR ein Pandemiekonzept erforschen lassen. (Lachen bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der AfD und der FDP – Marianne Schieder [SPD]: Super!) (PlPr 19/161)


Vor der Sommerpause herrschte gar so etwas wie Harmonie. Und auch beim Streitthema Corona kamen Teile von Opposition und Regierung auf denselben Nenner – zumindest was die gleichnamigen kubanischen Zigarren anging:

Dr. Diether Dehm [DIE LINKE] : Die Linke will wie Entwicklungsminister Müller mehr fairen Handel statt mehr Freihandel. (Beifall bei der LINKEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU] : Vor allem mit kubanischen Zigarren!) Die Rechte wollte schon immer ein deutscheres Europa. […] Die Linke wollte schon immer ein europäischeres Deutschland. Ich danke Ihnen. (Beifall bei der LINKEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU] : Darauf rauchen wir eine Corona!) (PlPr 19/170)


Pünktlich zur Schlussdebatte über den nächsten Bundeshaushalt war es um diese Harmonie aber wieder geschehen:

Norbert Kleinwächter (AfD) : Aber dieser Haushaltsentwurf ist nun wirklich einer, in dem die Bundesregierung ihre Maske hat fallen lassen. Er ist ein Haushalt des Übermaßes, und er ist ein Haushalt der Verantwortungslosigkeit unserem Land und der jungen Generation gegenüber. (Beifall bei der AfD – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] : Wer hier keine Maske trägt, ist ja die AfD!) (PlPr 19/181)


Corona, Corona, Corona. In der Schlussdebatte wurden die ständigen Virusbezüge sowohl Oppositions- als auch Regierungsvertretern zu viel. Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth erinnerte Redner Norbert Kleinwächter, dass er sich in der Haushaltsdebatte befinde, während er über seine Erfahrungen mit COVID-19 referierte, gab es danach die Retourkutsche von seiner Fraktion:

Sebastian Brehm (CDU/CSU) : Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei 1 Million toten Menschen hier so zu reden, ist respektlos und unwürdig für dieses Haus. (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Vor allem ist das dumm! – Stephan Brandner [AfD] : Es geht um den Haushalt! Reden Sie doch zum Haushalt!) (PlPr 19/181)


Und dennoch: Das Coronavirus wird in den Parlamenten auch in naher Zukunft für viele Zwischenrufe und hitzige Debatten sorgen, die Sie mit Polit-X tagesaktuell verfolgen können. Durchsuchen Sie die Plenarprotokolle mit Ihrem Schlagwort oder nutzen Sie unseren Abgeordneten-Tracker, um über die neuesten Redebeiträge der Fraktionen informiert zu bleiben. Fordern Sie dazu hier einen kostenfreien Testzugang an.