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23.06.2021 - Polit-X Blog
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Fußball im Parlament - Bundestagsdebatten & Länderspiele

Während die Herrennationalmannschaft heute um den Einzug ins Achtelfinale spielt, wird im Bundestag wahrscheinlich noch debattiert. Auch bei den letzten Turnieren fielen Sitzungen auf Spieltage, was so manche Abgeordnete zur Eile oder Fußballphrase veranlasste.


Europameisterschaften an Sitzungstagen, das heißt auch in Debatten zur Leiharbeit den eigenen Tipp gewinnbringend unterzubringen - auch wenn hier nicht die Geschichte auf der Seite von Johann Wadephul (CDU/CSU) war:

Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat jetzt der Kollege Dr. Johann Wadephul von der CDU/CSU-Fraktion das Wort. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ottmar Schreiner [SPD]: Sagen Sie mal was zum Fußball!) Dr. Johann Wadephul (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schreiner, ich will gerne etwas zum Fußball sagen. Wir sind jetzt in dieser Debatte in die Verlängerung gegangen. Ich bin der festen Überzeugung, dass Deutschland heute Abend ohne Verlängerung 2:1 gegen Italien gewinnen wird. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD) Das wäre eine gute Grundlage für die nächsten Tage.
Plenarprotokoll 17/187 vom 28.06.2012


Gibt es noch die realistische Chance, die Sitzung vor Anpfiff zu beenden, ist jeder Zeitgewinn gern gesehen:

Vizepräsident Eduard Oswald: Lieber Kollege, die Fußballfreunde werden für jede Minute danken, die hier eingespart wird. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Schwulen und Lesben sind auch dankbar, wenn alles zu Ende ist!)

Vizepräsident Eduard Oswald: Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich darf darauf hinweisen, dass ich angesichts der fortschreitenden Zeit und des anstehenden Fußballspiels nicht mehr beabsichtige, irgendwelche Zwischenfragen zuzulassen. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Plenarprotokoll 17/187 vom 28.06.2012


In der zitierten Sitzung des Bundestags wurde unter anderem im Schnelldurchlauf das Meldegesetz verabschiedet, dessen Änderung vier Jahre später, erneut an einem Spieltag, zur Debatte steht, was auch Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) in Erinnerung ruft:

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN): Das Melderecht erreichte 2012 politische Skandalhöhe, als die schwarz-gelbe Koalition vor nahezu leeren Rängen zeitgleich zu einem WM-Spiel der deutschen Fußballnationalmannschaft versuchte, klammheimlich die weitgehende Kommerzialisierung wichtiger Teile der behördlichen Meldedatenbestände für die deutsche Wirtschaft durchzuwinken. Es war und bleibt bemerkenswert töricht, dass eine vormals in überwiegend föderaler Verantwortung behandelte Materie damals auf solche Weise im Bundestag missachtet wurde. Heute laufen wir mit der Reform des Melderechts erneut parallel zu einem Spiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Auch wenn der vorliegende Entwurf keine mit 2012 vergleichbaren Regelungen enthält, ist diese Parallelität schon erstaunlich.
Plenarprotokoll 18/183 vom 7.7.2016


Michael Donth (CDU/CSU) ist auch nicht ganz glücklich mit der Spieltagsansetzung:

Michael Donth (CDU/CSU): Als ich meinem 15-jährigen Sohn Matthias sagte, dass ich heute zu einem Nachtzug-Antrag der Linken reden darf, sagte er: Schon wieder, das hast du doch schon mal! Warum denn das?– Er hatte recht– und ich konnte seine Frage eigentlich auch nicht beantworten . Und als ich ihm dann noch sagte, dass die Debatte um 21Uhr stattfinden wird, während Deutschland gegen Frankreich im Halbfinale der Fußball-Europameisterschaft spielt, war er entsetzt und meinte: Die spinnen wohl. – Da habe ich ihm natürlich heftigst widersprochen.
Plenarprotokoll 18/183 vom 7.7.2016


Ähnlich erging es seinem Fraktionskollegen Josef Oster zwei Jahre später, der zumindest Geschäftsordnungsanträge an Spieltagen hinterfragte:

Josef Oster (CDU/CSU): Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich schätze ja die Kolleginnen und Kollegen der Grünen durchaus . Aber einen Geschäftsordnungsantrag während eines WM-Spiels zu stellen, stellt meine Sympathie dann doch auf eine harte Probe.(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN: Oh!)Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, es geht heute um eine ernste Thematik . Es geht um Menschen in Not . Ich räume ein: Da ist Fußball tatsächlich eine echte Nebensache. (Zuruf von der FDP: Immerhin!)
Plenarprotokoll 19/41 vom 27.06.2018


Weiterer Nebeneffekt: Das Parlamentsfernsehen steht an Spieltagen naturgemäß in Konkurrenz zum Länderspielfußball, wie Peter Beyer von der CDU/CSU vermutet

Andreas Mrosek (AFD): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer an den Bildschirmen! ( Peter Beyer[CDU/CSU]: Die gucken alle Fußball!– Manuel Sarrazin [BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN]: Im Moment guckt wirklich keiner!)
Plenarprotokoll 19/41 vom 27.06.2018


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