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17. Februar 2021 | Themenschwerpunkt Sprache
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Die bierseligsten Zwischenrufe der Wahlperiode

#Bundestag #Sprache

Der politische Aschermittwoch ist eine feste Institution innerhalb der deutschen Parteipolitik: Traditionell werden an diesem Tag auf Kosten des politischen Gegners vor heimischem Publikum Zoten gerissen. Weil dieses Jahr während der Pandemie jedoch einfach keine Bierzeltlaune aufkommen mag, haben wir in den Plenarprotokollen nach den bierseligsten Zwischenrufen der aktuellen Wahlperiode gesucht.


Laut Oliver Luksic (FDP) entstehen in bayerischen Bierzelten nicht nur Aschermittwochsreden, sondern auch politische Projekte. Marianne Schieder von der SPD findet dabei nichts Verwerfliches:

Oliver Luksic (FDP): Ich habe eine Frage zu einem aus einem bayerischen Bierzelt stammenden Projekt, das im Bundesgesetzblatt steht, nämlich zur Pkw-Maut. (Marianne Schieder [SPD]: Ein Bierzelt ist etwas sehr Schönes!) Plenarprotokoll 19/25 vom 18.04.2018


Die Bundesvorsitzende der SPD, Saskia Esken, weiß, wie man Bierzelte zum Kochen bringt:

Saskia Esken (SPD): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor einigen Tagen hat mein Kollege Staatssekretär Fuchtel – ich habe gar nicht damit gerechnet, dass er jetzt hier sitzt – in unserem Wahlkreis ein Bierzelt zum Kochen gebracht mit der Ankündigung, er wolle die Datenschutz-Grundverordnung ändern. (Michael Theurer [FDP]: Ui!) Plenarprotokoll 19/56 vom 12.10.2018


Ohnehin scheinen die Abgeordneten ihren WählerInnen komplizierte politische Vorgänge gerne mithilfe von Biervergleichen greifbar zu machen. Alexander Krauß von der CDU-Fraktion erklärte das deutsche Gesundheitswesen so:

Wie funktioniert unser System nun genau? Wir haben also Krankenkassen und Leistungserbringer auf zwei Seiten, die sich dann über Mengen und Preise verständigen. Das ist so ähnlich – jetzt werden Sie mitkriegen, dass wir Sachsen auch Bier trinken und das mit einflechten können – wie bei einer Familienfeier, wenn man den 50. Geburtstag feiert. Auch dort ist es gut, wenn man vorher mal in die Kneipe geht und mit dem Gastwirt über das Thema Preise spricht: Was wird ausgegeben für Bier und für das Essen? (Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Wie können Sie das mit Krankheiten vergleichen! Unglaublich!) Die allermeisten Kellner – das wissen wir – bringen nur das Bier, das jemand wirklich haben möchte. Aber es gibt halt auch den einen oder anderen Kellner, der vielleicht sagt: „Jetzt stelle ich mal fünf Bier auf den Tisch, die dann vielleicht gar nicht getrunken werden“, weil er weiß: Der Gastgeber bezahlt. (Karsten Hilse [AfD]: Er hat fünf Bier getrunken! Darauf können Sie sich verlassen!) Genau das wollen wir im Gesundheitswesen vermeiden. Plenarprotokoll 19/56 vom 12.10.2018


Klaus Ernst von den Linken nutzt das Bild der fünf Biere, um die Mindestlohndokumentation zu verdeutlichen. Seinem Kollegen Petr Bystron von der AfD scheint dies nicht zu schmecken:

Klaus Ernst (DIE LINKE): Vielen Dank, Herr Präsident. – Die Frage ist eigentlich ganz einfach und auch sehr kurz. Schauen Sie, Herr Todtenhausen, wenn Sie in den Biergarten gehen und sich ein Maß Bier bestellen – bei Ihnen im Bergischen Land ist es vielleicht ein Pils – und wenn Sie noch eins und noch eins trinken – es werden zwei, drei, vier, fünf –, finden Sie es dann nicht richtig, dass das, was Sie getrunken haben, irgendwie dokumentiert wird? Ich meine, wenn es um die Rechnung geht. Warum soll die Bedienung, die Ihnen die Rechnung bringt und mit einem relativ großen bürokratischen Aufwand – fünf bestellte Biere müssen jeweils aufgeschrieben werden – dokumentiert, was Sie getrunken haben, eigentlich nicht ihre Arbeitszeit aufschreiben dürfen? (Petr Bystron [AfD]: Was haben Sie denn heute Morgen getrunken?) Plenarprotokoll 19/92 vom 04.04.2019


Bei Alkoholmetaphern darf ein Klassiker in den Reihen des deutschen Parlaments natürlich nicht fehlen: Der alte Wein in neuen Schläuchen. Nichts Verwerfliches, solange der Wein gut ist, wenn es nach Burkhard Lischka von der SPD geht:

Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zu diesem Gesetzentwurf kann man nur sagen: alter Wein in neuen Schläuchen. (Burkhard Lischka [SPD]: Guter Wein! – Weitere Zurufe von der SPD) Plenarprotokoll 19/3 vom 22.11.2017


Gerade zum Beginn der Fastenzeit kann man es jedoch auch mit Alexander Krauß von der CDU halten, der, in einer Debatte um Cannabis-Modellprojekte, die richtige Frage stellte:

Also, Entschuldigung, es gibt doch nicht nur die Wahl zwischen schädlich und schädlicher, sondern die Entscheidung sollte doch sein: Muss ich überhaupt etwas nehmen, was schädlich ist? Da kann ich nur sagen: Man muss überhaupt nichts Schädliches nehmen. (Kersten Steinke [DIE LINKE]: Alkoholverbot sofort!) Plenarprotokoll 19/186 vom 29.10.2020


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