Verbände im Gesetzgebungsprozess
Verbände spielen im politischen System Deutschlands eine immanent wichtige Rolle. Im Rahmen der Gesetzgebungsverfahren können Ministerien Interessengruppen, Unternehmen, Einzelpersonen, andere Behörden und Verbände um Stellungnahmen bitten oder einen Entwurf mit Bitte zur Kommentierung veröffentlichen. Für die 19. Legislaturperiode hat Polit-X alle Einträge, die in den Datenbanken der Ministerien veröffentlicht wurden, ausgewertet.
Die Beteiligung von Ländern, kommunalen Spitzenverbänden, Fachkreisen und Verbänden im Gesetzverfahren ist in § 47 der Gemeinsamen Geschäftsordnung des Bundesministerien (GGO) geregelt. Darüber hinaus gilt seit der 19. Legislaturperiode die sogenannte "Vereinbarung zur Erhöhung der Transparenz in Gesetzgebungsverfahren". Hiernach sollen die Referentenentwürfe in der Form veröffentlicht werden, in der sie bereits den Interessensgruppen im Beteiligungsverfahren bereitgestellt wurden. In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage präzisierte die Bundesregierung später, dass "bis zur Errichtung einer zentralen Plattform die Veröffentlichung über die Internetseiten der jeweiligen Ressorts erfolgen [wird]".
In der Praxis erfolgt die Veröffentlichung allerdings noch uneinheitlich. Wann und mit welchen Metadaten Stellungnahmen veröffentlicht werden, bleibt den Bundesministerien überlassen. Für die letzte Legislaturperiode haben wir die Einträge in unserer Datenbank sortiert und bereinigt. Durch die schlechte Datenlage sind die folgenden Ergebnisse jedoch nur als Annäherung zu verstehen.
Bei der Summe der Stellungnahmen steht der DGB unangefochten an der Spitze. Die Verteilung der Stellungnahmen auf die Ministerien zeigt zudem, dass unter den Verbänden mit den meisten Stellungnahmen vornehmlich Dachverbände stehen, die Ministerien übergreifend zu Gesetzgebungsprozessen gefragt werden, bzw. ihre Meinung abgeben.
Auch unter den Ministerien gibt es große Differenzen im Kabinett: Alleine die Justiz-, Gesundheits- und Umweltministerien versammeln mehr als die Hälfte aller eingegangenen Stellungnahmen auf sich.
Die folgende Grafik zeigt die Top-Verbände der jeweiligen Ministerien. Hier sieht man deutliche Unterschiede in der Summe aber auch in der Konzentration von Stellungnahmen auf einzelne Spitzen- bzw. Partikularverbände. So gibt der Bauernverband deutlich die meisten Stellungnahmen zu Vorhaben des Landwirtschaftsministeriums ab. Beim Ministerium für Arbeit und Soziales ist es hingegen ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem Verband der Arbeitgeber und dem Deutschen Gewerkschaftsbund.
Zur Methodik:
Der Datensatz enthält alle Stellungnahmen, die in den Datenbanken der Bundesministerien zwischen dem 26.10.2017 und dem 24.10.2021 (19. Legislaturperiode) abgegeben wurden. Teilweise werden Stellungnahmen gemeinsam zwischen Verbänden abgegeben, in diesem Fall wird eine Stellungnahme als solche kategorisiert und beiden Verbänden zugeordnet. Zudem kommt es vor, dass zu einem Gesetzentwurf mehrere Versionen einer Stellungnahme von Verbänden eingereicht werden; diese wurden so gut es geht herausgefiltert, können jedoch vereinzelt mehrfach gezählt worden sein.
Durch uneinheitliche Kennzeichnung, Schreibfehler und Auslassungen der Ministeriumsdatenbanken kann die Gesamtzahl der betrachteten Stellungnahmen von der offiziellen Zahl abweichen. Die Schreibweise der Namen der Interessengruppen und ihrer jeweiligen Verbandskürzeln kann von der offiziellen Selbstbezeichnung abweichen. Oft wurden nicht einmal innerhalb eines Ministeriums dieselben Namen verwendet. Hier wurde mithilfe von Algorithmen so gut es geht versucht, die Namen zu streamlinen. Gleiches gilt für die Namen der Gesetze.