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14. Juli 2023 | Wissen
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Namentliche Abstimmungen im Bundestag

Auslandseinsätze der Bundeswehr, Ehe für alle oder Änderungen im Infektionsschutzgesetz – wenn im Bundestag umstrittene Tagesordnungspunkte zur Abstimmung stehen, findet oft eine namentliche Abstimmung statt. Zuletzt sorgten verschiedene Entwürfe zur gesetzlichen Regelung der Suizidhilfe für Diskussionen im Bundestag.


Wenn der Bundestag etwas beschließen möchte, braucht er dafür die Mehrheit der abgegebenen Stimmen. In aller Regel wird diese Mehrheit durch Handzeichen der Parlamentsabgeordneten ermittelt. In der dritten, abschließenden Lesung von Gesetzen erheben sich die Abgeordneten von ihren Plätzen, wenn sie einem Gesetzentwurf zustimmen, ihn ablehnen oder sich enthalten wollen. Ist das Abstimmungsergebnis auf diese Weise nicht unmittelbar ersichtlich, kann die Abstimmung durch den sogenannten Hammelsprung wiederholt werden.


namentliche Abstimmung im Bundestag

Vor allem bei politisch umstrittenen Fragen kommt es hingegen zu einer namentlichen Abstimmung, etwa bei Auslandseinsätzen der Bundesregierung. In der vergangenen Legislaturperiode wurden namentliche Abstimmungen unter anderem auch zu den Themen epidemische Lage und Infektionsschutz, Klima- und Naturschutz oder Geschlechterpolitik durchgeführt.

Namentliche Abstimmungen finden statt, wenn dies von einer Fraktion oder von mindestens fünf Prozent der Abgeordneten verlangt wird, laut Bergmann et al. (2016, S. 32) ist das bei etwa fünf Prozent aller Schlussabstimmungen im Bundestag der Fall.

Für die namentliche Abstimmung haben alle Abgeordneten je drei verschiedenfarbige Stimmkarten, auf denen ihr Name, ihre Fraktion sowie die Erklärung „Ja“ (blau), „Nein“ (rot) oder „Enthalte mich“ (weiß) gedruckt sind. Die Karten werden in aufgestellte Urnen geworfen und danach von den Schriftführern gezählt. Das Ergebnis gibt der Sitzungspräsident bekannt.


Namentliche Abstimmungen im Bundestag im zeitlichen Verlauf



Bei der Betrachtung der Anzahl der namentlichen Abstimmungen über die Wahlperioden hinweg fällt auf, dass von der dritten bis zur neunten Periode deutlich weniger Abstimmungen namentlich ausgezählt wurden. Der starke Anstieg ab dem Jahr 1983 ist durch den Einzug der Partei Bündnis 90/Die Grünen und den Einzug der Partei PDS/Die Linke zwei Wahlperioden später zu erklären.


Strategischer Einsatz namentlicher Abstimmungen

In der politikwissenschaftlichen Forschung werden verschiedene Gründe identifiziert, warum Fraktionen eine namentliche Abstimmung beantragen können (vgl. Bergmann et al. 2016, S. 31):

So kann, gerade von den Oppositionsfraktionen, eine gewisse Öffentlichkeit erzeugt werden, um die eigene Position sichtbar zu machen. Wählerinnen, Wähler und Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter können dieses Wissen dann nutzen, um bestimmte Abgeordnete zu beurteilen oder um diese gegebenenfalls zur Verantwortung zu ziehen.

Ein weiterer Erklärungsansatz sieht in namentlichen Abstimmungen eine Überwachung derjenigen Abgeordneten, die aus verschiedenen Gründen von der Parteilinie abzuweichen drohen, also als Versuch, abweichendes Verhalten zu verhindern.

Zuletzt kann die namentliche Abstimmung auch als Instrument im Parteienwettbewerb begriffen werden: Dadurch können interne Konflikte bei den gegnerischen Parteien aufgezeigt werden, dies kann einen Eindruck von Zerrissenheit erzeugen.


Quellen

  • Bergmann, Henning/Bailer, Stefanie/Ohmura, Tamaki/Saalfeld, Thomas Sieberer, Ulrich (2016): Namentliche Abstimmungen im Bundestag 1949 bis 2013: Befunde aus einem neuen Datensatz. In: Zeitschrift für Parlamentsfragen 47(1), S. 26-50.
  • Datenhandbuch des Deutschen Bundestages (2018): Namentliche Abstimmungen.
  • Abgeordnetenwatch.de (2021): Bundestag – Abstimmungen.


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